Funktionsmuster - Demonstratoren
Für erste Untersuchungen zur Selbstanpassung, der achsenlose Sensorik und der assistive Regelung wurden zu Beginn zwei unterschiedliche SE_BURG-Funktionsmuster für untere und obere Extremitäten realisiert. Auf Grundlage der hierbei gewonnenen Erkenntnisse und einer Machbarkeitsstudie wurde anschließend das klinikreife Erprobungssystem SE_BURG aufgebaut.
SE_BURG-Funktionsmuster für untere und obere Extremitäten
Das erste SE_BURG-Funktionsmuster (Grundmodul) wurde beispielhaft für das Kniegelenk entwickelt und aufgebaut. Dieses besteht aus zwei parallel arbeitenden polyzentrischen Soft-Biegeantrieben, die aus einer Reihe antagonistisch angeordneter fluidischer elastischer Rotationskammern (sREC-Antriebselemente) zusammengesetzt sind und an beiden Seiten einer Knieorthese (SecuTecR Genu, Bauerfeind AG, Zeulenroda-Triebes, Germany) mit abgebauten Orthesenachsen befestigt sind. Das Muster diente zum einen der Untersuchung der Selbstanpassung und zum anderen als erstes Testbed für Sensorik und Regelungsentwurf. Kinematische Untersuchungen des Grundmodules zur Beschreibung der Bewegung des momentanen Rotationszentrum des Antriebes wurde in Kooperation mit dem Projektpartner UFB durchgeführt. Die erzielten Ergebnisse wurden zusammen mit den beschrieben kinematischen Untersuchungen in einem Journal veröffentlicht [Robotics].
Als Funktionsmuster für obere Extremitäten wurde der im Rahmen des Vorgängerprojekts KoBSAR-II realisierte assistiver Ellbogentrainer weiterentwickelt. Dieser basiert auf einem polyzentrischen pneumatischen Soft-Biegeantrieb und ermöglicht eine Bewegung des Ellbogens von 0° bis 120°. Der Antrieb wurde unter dem Ellbogen platziert um eine Nutzung für den linken und den rechten Arm zu ohne mechanische Umstellungen zu ermöglichen. Zur Messung der Kammerdrücke und zur Realisierung einer hochdynamischen Regelung wurden Drucksensoren der Fa. AMSYS (AMS5812) und Servoventile der Fa. FESTO (MPYE-5-1/8LF-010-B) eingesetzt. Eine Illustration des assistiven Ellbogentrainers ist in der Abbildung gezeigt.
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Um im Vorfeld die kinematische Struktur des Mensch-Roboter Systems zu untersuchen wurde ein vereinfachtes Simulationsmodell in SimMechanics (The Mathworks GmbH) aufgebaut und untersucht. Die Untersuchungen in der Simulation haben gezeigt, dass für die Realisierung einer implizierten Selbstanpassung ein weiteres passives Rotationsgelenke und ein passives Translationsgelenk notwendig sind.
Das Funktionsmuster wurde mit einer professionellen Patientenanbindung der Fa. ORMED GmbH ausgestattet und an einem Ständer der Fa. ORMED GmbH befestigt, über den der Demonstrator an die jeweiligen Patienten angepasst werden, siehe Abbbildung.
Untersucht wurde das Funktionsmuster mit der entwickelten adaptiven assistiven Regelung und gesunden Probanden [ICORR2015]. Die experimentellen Ergebnisse sind in der Abbildung gezeigt. Weiterhin wurde der Prototyp mit der vereinfachten assistiven Unterstützungsregelung untersucht, wobei hier beide Konzepte, mit zwei Ventilen und mit einer pneumatischen Pumpe und einem Ventil, miteinander verglichen wurden. Weiterhin wurde an diesem Funktionsmuster die auf Mikrokontrollerbasis implementierte Regelung getestet.
Klinikreifes Erprobungssystem SE_BURG
Zu Beginn wurde entsprechend des Arbeitsplanes ein mechanisches Grundgerüst des Erprobungssystems SE_BURG aufgebaut. Dieses basierend auf einer passiven Führungsschiene mit zwei polyzentrischen Soft-Antrieben im Bereich des Kniegelenks. Voruntersuchungen haben gezeigt, dass auch die Kraftunterstützung des Oberschenkels erforderlich ist, weshalb zwei zusätzliche pneumatische Soft-Kraftkammern im Bereich des Hüftgelenkes eingebaut wurden. Zur Realisierung einer Machbarkeitsstudie (proof of concept) wurde parallel zur Realisierung des mechanischen Grundgerüstes die Kinematik des SE_BURG Erprobungssystems mittels SimMechanics (The Matheworks GmbH) in der Simulation untersucht. Hierbei wurde festgestellt, dass zur Realisierung der Selbstanpassung mit dem Erprobungssystem ein weiteres Translationsgelenk im Unterschenkelbereich sowie als auch im Oberschenkelbereich notwendig ist.
Aufgrund der Vereinfachungen im Simulationsmodell, besonders im Bereich der pneumatischen Elemente und der menschlichen Gelenke, wurden im Anschluss zwingend erforderliche experimentelle Untersuchen durchgeführt. Unterschiedliche durch die Simulation bestimmte Kinematiken wurden experimentell mit unterschiedlichen Probanden untersucht und geprüft. Im Fokus der Untersuchung stand hierbei die Funktionsweise der Selbstanpassung. Nach Abschluss der Machbarkeitsstudie wurde der realisierte Prototyp am 4. Projekttreffen (23.04.2015) dem Projektpartner UFB sowie der Fa. Koch übergeben, mit dem Ziel die Kinematik zu prüfen und zu optimieren sowie eine klinikreife Patientenanbindung zu entwickeln (siehe Schlussberichte der Projektpartner UFB und Fa. Koch). Für die kinematischen Untersuchungen am Grundmodul beim Projektpartner UFB wurde außerdem eine Ansteuereinheit zur Regelung des Kammerdruckes inklusive einer Software zur Datenspeicherung aufgebaut und an den Projektpartner übergeben.
Zur parallelen Entwicklung der Regelung einschließlich Einbindung der Sensorik und Weiterentwicklung der Sensorfusion beim FWBI wurde ein zweites identisches mechanisches Grundgerüst aufgebaut. Zur Entwicklung der Regelung wurde der Demonstrator mit zwei IMUs sowie drei Flex-Sensoren ausgestattet.
Auf Basis der durchgeführten Machbarkeitsstudie und Untersuchungen zur Sensorik und assistiven Regelung wurde anschließend eine klinikreife Version des Erprobungssystems SE_BURG realisiert, siehe Abbildung. Das in der Abbildung gezeigte pneumatische Hubkissen als Teil der Oberschenkelanbindung wurde von Fa. Winkler realisiert und dient der Anpassung an unterschiedliche Oberschenkeldurchmesser (siehe Schlussbericht Projektpartner Fa. Winkler). Die klinikreifen Patientenanbindung wurde vom Projektpartner Fa. Koch entwickelt und realisiert (siehe Schlussbericht Projektpartner Fa. Koch). Die Fußschale basiert auf einer kommerziellen Fußschale der Fa. ORMED GmbH wurde aber um ein passives Gelenk in Kombination mit mechanischen Federn erweitert, sodass eine widerstandsbehaftete Rotations- und Kippbewegung des Fußgelenkes ermöglicht wird. Die Führungsschiene wurde seitlich mit Schaumstoff gepolstert und mit Kunstleder überzogen.
Für die Regelung des Erprobungssystem werden zwei kosteneffektive Proportionalventile (Kuhnke Ventile, Kendrion) eingesetzt.
Durch diese Realisierung ergibt sich ein wesentlich geringer Druckluftverbrauch im Vergleich zu dem im Vorgängerprojekt KoBSAR-II realisierten Konzept basierend auf Servoventilen (MPYE-5-1/8LF-010-B, FESTO). Die intuitive Bedienung des Erprobungssystems erfolgt über ein Tablet mit Touch-Screen, siehe Kommunikationsschnittstelle.
Zur Messung der Kammerdrücke und zur Schätzung der Position basierend auf KNN wurden 6 kosteneffektive Flex-Sensoren und 2 Miniaturdrucksensoren direkt in die Soft-Biegeantriebe integriert. Das klinikreife Erprobungssystem SE_BURG wurde ausgiebig getestet und am 13.7.2016 in Bad Buchau dem Projektpartner Reha-Klinik für die Testerprobung an gesunden Probanden und freiwilligen Patienten übergeben, wobei die Bedienung des SE_BURG Demonstrators ausführlich vom FWBI erklärt wurde.